Fluch oder Segen der Zukunft? Internet der Dinge (IoT)
Es ist 17:12 Uhr als Martin sein warmes Büro verlässt und seinen Heimweg mit der Zuglinie 3 antritt. Seit drei Tagen hat er keine Sonne mehr gesehen und die -5°C Aussentemperatur machen seine Laune auch nicht besser. Er fragt sich, wieso es in seiner Region noch immer keine App gibt, die anzeigt, welche Abteilungen im Zug leer und welche voll sind. So quält er sich durch die vollen Wagons, bis er einen Platz neben der übelriechenden Toilette gefunden hat. Seiner Meinung nach könnte diese App auch in diesem Fall helfen. Einfach die App öffnen, melden, dass im Wagon 6 die Toilette riecht, als ob jemand gestorben wäre und die Zuggesellschaft könnte sich relativ schnell darum kümmern. Ein kurzes Vibrieren am Handgelenk lässt Martin auf seine Smart Watch schauen, welche er seit ein paar Monaten Tag und Nacht anhat. Sein Puls ist in die Höhe geschossen und die Smart Watch fragt nun nach, ob er gerade eine Trainingseinheit gestartet hat. Martin klickt auf «Nein» und versucht sich wieder zu beruhigen und seinen Puls auf einen akzeptablen Wert herunterzuholen. Er schliesst die Augen und stellt sich vor, wie er in knapp einer Stunde ein heisses Bad in seinem vollautomatischen Haus nehmen kann, in welches er vor knapp sechs Monaten eingezogen ist.
Auf einmal schreckt Martin hoch und klatscht sich seine Hand auf die Stirn. Um Strom und Geld zu sparen, hatte er heute Morgen wie immer beim Verlassen des Hauses die Heizung per Handy auf 15°C gestellt. In ein kaltes Haus zu kommen, das hätte ihm jetzt gerade noch gefehlt. Martin öffnet die Hausverwaltungs-App auf seinem Handy, dreht die Heizung wieder auf angenehme 23°C hoch und denkt sich, wenn er schon mal dabei ist, könnte er seinen Wasserkocher so programmieren, dass das heisse Wasser für seinen Schwarztee genau beim Betreten des Hauses fertig ist. Die Überwachungskamera und das Alarmsystem deaktiviert er im gleichen Atemzug auch noch, ansonsten müsste er das Handy daheim wieder aus der Tasche nehmen, was zur Folge hätte, dass seine Hände kalt werden würden.
Zu Hause angekommen, findet Martin alles wie erhofft auf. Die Alarmanlage ist deaktiviert und die Wohnung und das Wasser für den Tee sind bereits warm. Auf dem Weg zu seiner Badewanne kommt er am Wohnzimmer vorbei. Sein 75 Zoll SmartTV ist komischerweise eingeschaltet. Auf dem Bildschirm steht was geschrieben:
Guten Abend Martin! Wir haben auf dich gewartet
Martin hat diese Meldung noch nie gesehen, freut sich aber, dass sein TV auch schon erkennt, wenn er nach Hause kommt. Jetzt aber sofort in die Badewanne!
Seit 20 Minuten liegt Martin jetzt schon in der Badewanne, als er auf einmal eine laute Stimme aus dem Wohnzimmer hört. Als die Stimme noch lauter wird, beschliesst er, mal kurz zu überprüfen was da los ist. Auf seinem riesigen TV sieht er Nachrichten in einer Sprache, die er nicht zuordnen kann. Schulterzuckend wird der TV wieder ausgeschaltet. Keine 5 Sekunden später geht der TV wieder an. Jetzt sieht sich Martin jedoch selber. Seine Playstation-Kamera scheint die Bilder aufzunehmen. Martin fragt sich langsam aber sicher, was hier abgeht. Auf einmal ertönt ein lautes Geräusch, welches Martin als seine Alarmanlage identifiziert, gleichzeitig kommt aus allen Boxen in seiner Wohnung die schlimmste und lauteste Musik, die er je gehört hat. Als würde das nicht reichen, merkt er jetzt, dass es in seiner Wohnung mindestens 30°C hat und das seine smarten Lampen immer ein und aus gehen. Voller Panik läuft Martin zum Sicherungskasten und legt den Schalter um. Auf einen Schlag ist alles dunkel und es kehrt wieder Ruhe ein.
Nach gefühlten zwei Stunden, was eher so 5 Minuten waren, traut sich Martin endlich wieder den Schalter umzulegen. Im ersten Moment scheint alles wieder normal zu sein, doch dann spricht eine Stimme aus den Boxen:
Lieber Martin, wir haben deine Wohnung übernommen und werden dich so lange terrorisieren, bis du uns 10’000 Euro in Bitcoin an die Adresse, welche gleich auf deinem TV erscheint, überwiesen hast. Wir können dich sehen und hören und wenn wir möchten, kommst du auch nicht mehr aus deiner Türe raus. Du hast zwei Stunden Zeit.
Peter, diese Geschichte ist doch total überzogen und wird so nie passieren…
Leider nein. Sowas wird in Zukunft, wenn wir nicht aufpassen, der Standard sein. Der Trend geht immer mehr zum Internet of Things (auch IoT oder Internet der Dinge genannt). Schon heute können wir mit unseren Mobiltelefonen, Tablets und Laptops praktisch alles steuern.
Folgende zwei Videos möchte ich euch nicht vorenthalten:
Was meinst du mit alles?
Mit alles meine ich wirklich alles. Der Markt der IoT-Geräte wird gefühlt wöchentlich grösser.
- Die Zahnbürste, welche dir anzeigt, ob du lange genug deine Zähne geputzt hast…
- Unsere Autos, welche mit dem Internet verbunden sind, um uns Stauinformationen oder den aktuellen Reifendruck zu melden…
- Der Rasenmähroboter, der seine Umgebung erkennen kann und uns meldet wenn er fertig ist…
- Der Kühlschrank, welcher merkt, wenn die Milch leer ist und direkt eine neue bestellt…
- Die SmartWatch, welche 7/24 am Handgelenk hängt und uns Gesundheitsdaten liefert…
- Und nicht zu vergessen die ganzen Siris und Alexas, die wir mit unserer Sprache steuern können
Meiner Meinung nach wird in Zukunft alles «smart» bzw. mit dem Internet verbunden sein, was sich verbinden lässt.
Was bedeutet dieses «smart»?
Stellt euch mal einen alten TV oder ein altes Telefon vor. Damals konnte man fernsehen und telefonieren. Heute kann man auf dem TV mit Apps wie Zoom telefonieren und auf dem Telefon mit Netflix fernsehen. Somit kann man sagen, dass alles, was neben dem Standard noch Computer- oder Verbindungsfunktionalitäten wie die Installation von Apps und die Verbindung mit Bluetooth oder WLAN bekommen hat, aktuell als smart gilt.
Also ist dieses IoT bzw. Internet der Dinge etwas Schlechtes?
Das würde ich definitiv nicht behaupten. Ich habe mal einen guten Vergleich gehört: «Mit einem Hammer kann man einen Nagel in die Wand oder jemandem den Kopf einschlagen.»
Ich persönlich bin positiv zum Internet der Dinge eingestellt. Es gibt beim Thema Sicherheit noch sehr viel zu tun (auch von Seiten der Hersteller), aber das Potential, unser Leben viel einfacher zu machen, wie wir es in Martins Geschichte gehört haben, ist auf jeden Fall da. Auch das Thema Umweltschutz kann und wird durch IoT verbessert werden. Auch wenn viele Leute denken, dass sich die Welt kaum noch verändern kann, stehen wir meiner Meinung nach beim Thema IT und Internet erst am Anfang.
Wenn die Hersteller die Geräte nicht richtig konfiguriert ausliefern, was kann ich dann für meine Sicherheit tun?
Einige Dinge können auch wir beeinflussen:
- Ändere immer das Standardpasswort
- Aktiviere, wenn vorhanden, die Zwei-Faktor-Authentifizierung
- Update deine Geräte regelmässig
- Schliesse die IoT-Geräte nicht direkt ans Internet an. Eine Alternative wäre, einen VPN nach Hause aufzubauen und so z.B. auf die Überwachungskamera zu verbinden.
Bei Fragen stehe ich wie immer, jederzeit zur Verfügung.
Bleibt sicher,
dein Peter